Today is Newsday 10/2017 - Letztendlich geht es um das perfekte Zusammenspiel

2015 betrug der Jahresdurchschnittsumsatz einer Apotheke 2,11 Mio. EUR. Drei Viertel des durchschnittlichen Umsatzes wurden für den Wareneinsatz aufgewandt. Vom verbleibenden Rohertrag müssen Personal- und sonstige Kosten abgezogen werden. Der Gewinn vor Steuern lag somit 2015 im Schnitt bei 136.000 Euro. Dabei erreichen knapp 60 Prozent der Apotheken den durchschnittlichen Umsatz nicht, während einzelne große Apotheken weit oberhalb des Durchschnitts liegen.

 

Ausgehend von diesen Zahlen kann die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken als ernst bezeichnet werden. Die Auswirkungen dieser wirtschaftlichen Probleme vieler Apotheken lassen sich in der Entwicklung der Apothekenzahl erkennen. 2016 gab es nur noch 20.249 öffentliche Apotheken in Deutschland

 

Die Gründe für diese Entwicklung liegen in der recht hohen Anzahl stationärer Apotheken und dadurch bedingt in der räumlichen Nähe vieler öffentliche Apotheken zueinander, dem wachsenden  Apothekenversandhandel und dem Absaztz von Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln über Drogerien. Das führt zwangsläufig zu der Frage, welche Optionen Apotheken heute haben, um dieser bedrohlichen Situation entgegenzuwirken.

 

Erkenntnisse aus anderen Branchen zeigen, dass Unternehmen mit einem Multichannel-Vertrieb deutlich mehr Umsatz generieren als ohne Mulit-Channel-Vertrieb. Erfolgreiche Multi-Channel-Händler setzen mitunter mit ihren Kunden 200-400 Prozent mehr um als mit den ‚Einkanal-Kunden‘. Zudem sind Multi-Channel-Kunden loyaler.

 

Von Multichannel-Vertrieb spricht man, wenn ein Unternehmen parallel mehrere Absatzkanäle nutzt, um seine Produkte und Dienstleistungen zu vertreiben. Eine Mulitchannel-Vertriebsstrategie ist der Erkenntnis geschuldet, dass das Kaufverhalten der Verbraucher sich in den letzten Jahren geändert hat. Beschaffungskanäle werden entsprechend persönlicher Vorlieben ausgewählt. Bequemlichkeit beim Einkauf und Verfügbarkeit der Produkte spielen hierbei eine wichtige Rolle. Verbraucher möchten wählen können zwischen traditionellen Kanälen wie z.B. dem stationären Handel, und neuen, innovativen Kanälen wie Onlineshops oder mobilen Anwendungen.

 

Rund 52 % der Patienten, die regelmäßig drei oder mehr Arzneimittel einnehmen, haben laut einer Umfrage im Rahmen einer Masterarbeit aus dem Jahr 2016 eine Stammapotheke. Aber der Anteil sinkt beständig. Ca. 20 Prozent derjenigen Patienten, die eine Stammapotheke haben, haben danach auch schon in anderen Online-Apotheken gekauft. Generell sinkt der Umsatzanteil der Kunden, die nur das lokale Ladengeschäft aufsuchen, beständig weiter. Die Profiteure dieser Entwicklung sind diejenigen, die es verstehen lokales Geschäft mit passenden Online-Lösungen zu kombinieren. Die Erfahrungen aus anderen Branchen zeigen, dass die Möglichkeit der Kanalauswahl beim Kauf eine große Rolle spielt. Auch im Apothekenmarkt richtet sich die Kanalwahl immer mehr nach dem aktuellen Bedürfnis und der jeweiligen Situation, in der sich der Kunde befindet.

 

Das bedeutet für den Apotheker: Wer seine Offizin-Apotheke mit einem Mulit-Channel-Vertrieb verzahnt, kann zusätzlichen Umsatz generieren und sich vom Mitbewerber absetzen. Erstaunlicherweise ist diese Erkenntnis bei den meisten Apotheken aber noch nicht angekommen.

 

Dabei ist Mulit-Channel nicht gleichbedeutend mit einem bundesweiten Online-Versandhandel. Denn es gibt Vertriebskanäle, die sich auch ohne Versandhandelserlaubnis und eigenem Webshop realsieren lassen, wie z. B. der Verkauf über den Marketplace von Onlineversandhändlern wie Amazon oder ein Click & Collect-System.

 

Ein Click & Collect sorgt für eine höhere Sortimentstiefe und -breite in der stationären Apotheke. Dem Kunden werden doppelte Wege erspart, weil das gewünschten Arzneimittel nicht vorrätig ist. Diese Alternative zur Bestellung in einer Versandapothekenbestellung lässt sich noch um eine Lieferung per Botendienst erweitern. Weitere Alternativen sind ein Bestellformular auf der Homepage oder Bestellungen über das Smartphone beispielsweise per WhatsApp. Dieser Bestellvorgang bedarf keiner Registrierung  und lässt sich daher einfach und schnell über das Smartphone ausführen. Mit der Lieferung der Ware nach Bestellung über ein Bestellformular, Smartphone, Mail oder Telefon durch einen Boten nach Hause kann der Vertreibskanal ebenfalls erweitert werden. Die eigene Homepage ist für den stationären Apotheken eine weitere Möglichkeit der Kaufanbahnung, Beratung, Werbung und Kundenbindung.

 

Selbstverständlich zählen der klassiche Online-Versandhandel mit der gesamten Bandbreite vom regionalen bis zum nationalen und internationalen Versandhandel  sowie verschiedene Portallösungen, bei denen sich mehrere Apotheken in einer Kooperation zusammenschließen, zum Instrumentarium einer Mulit-Channel-Strategie. Online-Versandapotheken bieten Patienten einen barrierefreien Zugang zu dringendbenötigten Medikamenten. Geschwächte Patienten sparen sich mit Versandapotheken lange Wege, Stufen und enge Eingänge in den Apotheken vor Ort. Die Seiten der Web-Shops lassen sich oft anpassen, um leichter lesbar zu sein. Blinde können sich Texte vorlesen lassen und Taube sehen bei Filmen Untertitel. Vor allem in ländlichen Regionen können sich Apotheker mit einem Online-Versand zusätzliches Potenzial erschließen, da altersbedingt viele Apotheker ihre Offizin-Apotheke schließen und vor allem kleinere Orte und Dörfer ohne

medikamentöse Versorgung sind und der Weg zur nächsten Apotheke weit ist.

 

Für einige Apotheken, für die der Erwerb einer Versandhandelserlaubnis und der Aufbau eines Webshops wirtschaftlich und personell nicht umsetzbar ist, stellt beispielsweise eine Homepage mit Click & Collect-System oder der Vertrieb über das ApothekenPortal einer Kooperation eine günstige, erfolgsversprechende Multichannel-Lösung im weiteren Sinn dar, die fast alle Motive der Kunden in naher Umgebung zur Apotheke abdeckt.

 

Eine Apothekenkooperation unterstützt als Partner den Apotheker bei der Standortwahl, Planung und Umbau der Apotheke über Buchhaltung und Marketing bis hin zur Schulung seines Personals. Die Koopertaionsmitglieder profitieren von den Einkaufs- und Marketingvorteilen des Verbundes und nutzen die Möglichkeit, über ein zentrales Ecommerce-ApothekenPortal am Online-Versandhandel zu partizipieren. In der professionellen Ausführung bietet der Online-Shop als Versandarten sowohl den nationaler Versand (DHL) als auch den regionaler Versand (Sameday-Lieferdienst) oder die Vorbestellung und Selbstabholung in der Apotheke an. Die Auswahl der Versandart erfolgt im Checkout.

 

Schon heute suchen 89,9 Prozent der Konsumenten nach lokalen Dienstleistern im Internet. Das Branchenbuch der Zukunft ist digital. Deshalb ist es für die staionären Apotheken umso wichtiger, mindestens eine ansprechende Internetpräsenz vorzuweisen.

 

Weitere Gründe für die stationäre Apotheke über eine Mulitchannel-Vertriebsstrategie nachzudenken sind die steigenden Umsatzzahlen im Online-Versandhandel und die steigende Internetaffinität der Apothekenkunden. Wichtige Kaufmotive wie Bequemlichkeit und Unabhängigkeit von den Öffnungszeiten, die Apothekenkunden veranlassen, in Versandapotheken zu bestellen, können die stationären Apotheken nicht befriedigen. Bereits heute kaufen 61 Prozent der Deutschen ihre Medikamente im Internet. Der Online-Handel mit Medikamenten dürfte zudem noch einmal einen erheblichen Schub erhalten, wenn Amazon richtig im Arzneimitten- Versandhandel mitmischt. 

 

Fakt ist zudem, dass Multichannel-Kunden mehr kaufen und dieser Mehrumsatz ohne Multichannel-Vertrieb nicht umgesetzt werden kann. Das Einkaufsverhalten befindet sich im Wandel hin zum Channel-Hopping. Und dieses Verhalten wird auch beim Arzneimittelkauf in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Mit einer Mulitchannel-Strategie können stationäre Apotheken den bisherige Umsatzrückgang durch Zusatzumsätze kompensieren. 

 

Die Implementierung eines Multichannel-Vertriebs befriedigt die ganze Palette an Bestellmotiven der Kunden besser, als dies die stationäre Apotheke für sich alleine kann. Da beim beim Arzneimittelkauf für die Kunden der Kauf in ihrer Stammapotheke ganz hoch im Kurs steht, könnte die stationäre Apotheke durch das Anbieten verschiedener, vor allem online basierter Vertriebskanäle ein Abwandern der Kunden zu anderen Apotheken verhindern. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Kanäle kann der Kunde problemloses zwischen den Kanälen seiner Apotheke, je nach befindlichkeit, wechseln. Dies stärkt die Kundenbindung.

 

Der Einführung der Gesundheritskarte und des elektronischen Rezeptes steht die Apotheke mit einem Multichannel-Vertrieb gelassener gegenüber und hat durch eine gefestigte wirtschaftliche Lage mehr Handlungsspielraum.

 

Bei der Multichannel-Vertriebsstrategie geht es letztendlich um das perfekte Zusammenspiel von Offline und Online. Viele Apotheker fürchten den Schritt in Richtung Multichannel-Vertieb, da sie den angeblichen Zeit- und Personalaufwand scheuen. Beides lässt sich aber in vertretbaren Grenzen halten. Und ein deutlicher Umsatzzuwachs rechtfertig alle Mal einen relativ geringen Zeit- und Personalaufwand. Heutzutage gehören auch ein zeitgemäßer Internetauftritt und alternative Bestellmöglichkeiten zum professionellen Auftritt einer Apotheke. Und jene Apotheken, die sich dem geänderten Kaufverhalten der Kunden stellen, zählen zu den Gewinnern im Markt. Auch der Apothekenkunde wird künftig seine Apotheke nach den Kriterien der schnellen und unkomplizierten Erreichbarkeit auswählen. Die Apotheken sollten sich auf diesen Trend einstellen. Denn letztlich zählt für den Apotheker nicht, wie ein Kunde zukünftig eine Apotheke besucht, sondern dass er bei ihm bestellt.

 

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